Kann eine Waldfeststellungsverfügung eine Entschädigung auslösen?

Wir haben unseren kommunalen Waldfeststellungsplan erstellt. Dieser hat zur Folge, dass einige Grundstücke, die seit Jahrzehnten in der Bauzone sind, nicht mehr überbaut werden können, weil sie unterdessen bewaldet sind. Haben die betroffenen Grundeigentümer Anrecht auf eine Entschädigung?

In der Rubrik «Sie fragen – wir antworten» beantworten Juristinnen und Juristen von EspaceSuisse Fragen aus der Schweizer Rechtspraxis in der Raumplanung. Die Antwort auf obige Frage lautet:

Nein. Eine Entschädigung wird gewährt, wenn Planungen zu Eigentumsbeschränkungen führen, die einer Enteignung gleichkommen (Art. 5 Abs. 2 RPG). Es liegt zwar hier tatsächlich eine erhebliche Eigentumsbeschränkung vor, weil zuvor überbaubare Grundstücke neu zum Waldgebiet gehören und eine Überbauung daher kaum mehr möglich sein wird, weil der Wald in der Schweiz streng geschützt ist. Das Eigentum wird hier jedoch definiert durch den in der Bundesverfassung verankerten Grundsatz der Walderhaltung. Konkretisiert wird dieser Grundsatz durch das Waldgesetz (WaG), das den «Wald» definiert und das allgemeine Rodungsverbot festlegt.

Die Waldfeststellung – ob auf Antrag des Eigentümers, bei einer Nutzungsplanrevision oder anlässlich eines Baubewilligungsverfahrens – ist keine Planungsmassnahme, die eine Enteignung zur Folge haben kann. Sie stellt lediglich einen bestehenden Sachverhalt fest, nämlich die Existenz eines Waldes. Die Eigentumsbeschränkung bzw. das Bauverbot hängt davon ab, ob die Merkmale des Waldes gegeben sind oder nicht. Die Behörde hat keinen Handlungsspielraum.

Ausschlaggebend ist nur die Bestockung auf den Grundstücken bzw. der Waldschutz im Allgemeinen. Damit verstossen private Bauvorhaben im Wald grundsätzlich gegen Artikel 5 WaG (Rodungsverbot und Ausnahmebewilligungen), und zwar unabhängig davon, ob die Raumplanung das Grundstück der Bauzone zugewiesen hat oder nicht. Die Waldfeststellungsverfügung an sich beschränkt die Eigentumsrechte der Grundeigentümer nicht. Die Grundeigentümer können deshalb  keine Entschädigung verlangen.

Dies mag aus der Sicht der betroffenen Grundeigentümer stossend erscheinen. Wer ein an den Wald grenzendes Grundstück besitzt, muss aber aufgrund des fortschreitenden Waldwuchses besonders aufmerksam sein (regelmässiger Unterhalt und Zurückschneiden, bevor die Bestockung als Wald im Sinne des Waldgesetzes gilt). Eine gewisse Vorsicht empfiehlt sich auch, wenn man ein Grundstück mit Waldbestand kaufen will. Da der Eintrag im Grundbuch nicht entscheidend dafür ist, ob ein Areal als Wald gilt oder nicht, kann es durchaus sein, dass ein Grundstück formell zur Bauzone gehört, obwohl es sich im rechtlichen Sinn um Wald handelt.

Künftig wird es für die Grundeigentümer solche Rechtsunsicherheiten nicht mehr geben. Das Waldgesetz verlangt, dass bei der Revision von Nutzungsplänen entlang von Bauzonen Waldfeststellungen vorzunehmen und die ermittelten Waldgrenzen in den Nutzungsplänen einzutragen sind (Art. 10 und 13 WaG). Neue Bestockungen ausserhalb dieser Waldgrenzen gelten nicht als Wald und können jederzeit gerodet werden.

Quelle: Inforaum 3/2018

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