Arosa GR: Bundesrichter erschweren Umnutzung von Ställen in Wohnraum

Dienstag, 12.02.2019
Eigentlich ist es nichts Neues: Das Raumplanungsgesetz (RPG) lässt nicht zu, dass Ställe als Wohnraum umgenutzt werden. Die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet erlaubt dies nicht. Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa für landschaftsprägende Bauten oder Bauten, die schützwürdig sind. Einen Spalt offen ist das Gesetz auch für die Umnutzung von Ställen in Zonen für Kleinsiedlungen, die gestützt auf die Raumplanungsverordnung (Art. 33 RPV) erlassen worden sind. Die Anforderungen an die Ausscheidung solcher Zonen sind jedoch hoch. Dies hat das Bundesgericht in einem Urteil zu Arosa GR bestätigt. Die Zweitwohnungsgesetzgebung setzt der Umnutzung solcher Bauten weitere Schranken.
Winterliche Baute ausserhalb der Bauzone
Keine Wohnung - Baute ausserhalb der Bauzone. Foto: A.Straumann

Der Bundesgerichtsentscheid im Fall Arosa (1C_62/2018) hat zu grossem Medienecho geführt (siehe Artikel ganz unten). Das Gericht verbot, einen Stall im Bündnerland zu einer Ferienwohnung umzubauen. Der besagte Stall in den Bergen steht in einer sogenannten Erhaltungszone. Wir beleuchten den Fall hier aus juristischer Sicht näher.

Es gibt sie relativ häufig: die Zonen für Kleinsiedlungen. In den Berggebieten heissen sie Erhaltungs- oder Maiensässzonen, im Mittelland häufig Weilerzonen. Solche Zonen können gemäss Rechtsprechung jedoch nur ausgeschieden werden, wenn es sich bei der Kleinsiedlung um «eine als geschlossene Einheit in Erscheinung tretende Baugruppe von mindestens fünf bis zehn ursprünglich bewohnten Gebäuden (handelt), die von der Hauptsiedlung klar getrennt sind».

Kleinsiedlungszonen sind keine «normalen» Bauzonen nach Art. 15 RPG

Bei den Zonen für Kleinsiedlungen handelt es sich gemäss Bundesgericht um Spezialzonen ausserhalb des Baugebiets und nicht um Bauzonen nach Artikel 15 RPG, auch wenn sie in beschränktem Umfang (Um-) Bautätigkeit zulassen. Baubewilligungen in solchen Zonen bedürfen daher einer Genehmigung des Kantons und sind nicht allein Sache der Gemeinde (Art. 25 Abs. 2 RPG). Das Bundesgericht präzisierte damit seine frühere Rechtsprechung und unterstützt die vom Bundesamt für Raumentwicklung als Folge des revidierten RPG (RPG 1) eingeleitete Praxis.

Walsersiedlung in Arosa erfüllt bundesrechtliche Anforderungen nicht

Bei der umstrittenen Kleinsiedlung in Arosa handelt es sich um zwei Gebäudegruppen. Die eine besteht aus sechs Bauten, wovon im Zeitpunkt der Zonenausscheidung nur drei zu Wohnzwecken genutzt wurden. Die andere besteht aus acht Bauten, von denen gar nur zwei zu Wohnzwecken genutzt wurden. Bei den übrigen Gebäuden handelt es sich um Ökonomiebauten (Ställe, Heuschober). Die beiden Gruppen sind zudem 30 Meter voneinander entfernt und weisen keinen Siedlungszusammenhang auf.

Gemäss Bundesgericht fehlt es somit bei der Kleinsiedlung in Arosa an der vom Bundesrecht verlangten «geschlossenen baulichen Einheit». Zudem ist die Mindestzahl bewohnter Häuser (fünf bis zehn ursprünglich bewohnte Gebäude) nicht erfüllt.

Neue Rahmenbedingungen durch das Zweitwohnungsgesetz

Auch wenn die umstrittene Kleinsiedlung in Arosa die Anforderungen an eine Zone für Kleinsiedlungen erfüllen würde, könnten die Ställe nicht in Wohnraum umgenutzt werden. Denn es würde sich um Ferienwohnungen handeln und gegen diese spricht die Zweitwohnungsgesetzgebung. In Arosa gibt es bereits mehr als 20% Zweitwohnungen. Daher dürfen keine neuen Zweitwohnungen erstellt werden.

Das Zweitwohnungsgesetz (ZWG) sieht zwar Ausnahmen von diesem Zweitwohnungsverbot vor, nicht aber für die Umnutzung von Bauten in Zonen für Kleinsiedlungen gemäss Art. 33 RPV. Ausnahmen würde das Zweitwohnungsgesetz zulassen für «landschaftsprägende Bauten» (Art. 39 Abs. 2-5 RPV) oder schützwürdige Bauten (Art. 24d Abs. 2 und 3 RPG).

Andere Ausnahmeregelungen nutzbar?

Diese Ausnahmen gilt es, wie dies auch das Bundesgericht in seinem Urteil antönt, für die Kleinsiedlung in Arosa zu prüfen; nicht wegen der Zweitwohnungsgesetzgebung, sondern aus raumplanerischen Überlegungen.

Wirklich in Frage kommen dürfte jedoch nur der Ausnahmetatbestand der «landschaftsprägenden Bauten», denn die Ställe sind für sich allein nicht schutzwürdig. Die Bestimmung über die «landschaftsprägenden Bauten» setzt voraus, dass es sich bei den für die Umnutzung in Frage kommenden Bauten um Elemente einer charakteristischen Kulturlandschaft handelt. Landschaft und Bauten müssen als Einheit schützenswert und im Rahmen der Nutzungsplanung unter Schutz gestellt worden sein. Zudem müssen die Kriterien zur Schutzwürdigkeit von Landschaften und Bauten im kantonalen Richtplan definiert sein (Art. 39 Abs. 2 lit. a und d RPV). Anwendung findet diese Regelung heute vor allem im Tessin mit den Rustici.

Eine Türe für die Umnutzung der Ställe in der umstrittenen Walsersiedlung in Arosa könnte künftig allenfalls auch der Planungs- und Kompensationsansatz öffnen, der im Rahmen der laufenden RPG-Revision (RPG 2) zum Bauen ausserhalb der Bauzonen diskutiert wird.

EspaceSuisse wird den Bundesgerichtsentscheid zu Arosa in der Maiausgabe des Magazins für Raumentwicklung «Inforaum» noch ausführlicher analysieren.

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