Aus der Wintersession 2022

Dienstag, 20.12.2022
Das eidgenössische Parlament zeigte Milde gegenüber illegalen Bauten in der Nichtbauzone, für die nun neu eine Verjährungsfrist gilt. Aus raumplanerischer Sicht war dies sicher der entscheidendste Beschluss der ganzen Session, doch es wurden noch weitere Themen rund um die Raumentwicklung diskutiert.
Wandelhalle im Bundeshaus
Foto: Parlamentsdienste 3003 Bern

Illegale Bauten ausserhalb der Bauzone müssen nicht mehr abgerissen werden, wenn sie älter als 30 Jahre sind. Nach dem Nationalrat hat nun auch der Ständerat die entsprechende Motion (21.4334) der nationalrätlichen Umweltkommission (UREK-N) gutgeheissen. Mit dem Entscheid stiess das eidgenössische Parlament ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichts um (siehe News vom 9.12.2022).

Keine Chance hatte hingegen die Motion (20.4403) von Ständerat Werner Salzmann (SVP/BE), der die Zuständigkeiten beim Bauen ausserhalb der Bauzone ändern wollte. Neu hätten die Kantone dezentrale kantonale Behörden bezeichnen können, um Ausnahmebewilligungen zu prüfen und zu erteilen. Die kleine Kammer befürchtete aber (zu Recht) zu unterschiedliche Bewilligungspraxen innerhalb der Kantone und lehnte den Vorstoss ab.

Ebenfalls nicht durchsetzen konnte Werner Salzmann seine Forderung nach einem nationalen Kompetenzzentrum zur Bodenverbesserung des ackerfähigen Kulturlandes – dies im Sinne der Ernährungssicherheit. Im Gegensatz zum Nationalrat lehnte der Ständerat die Motion (19.3447) ab, da die Anliegen durch die verschiedenen Aktivitäten des Bundes bereits erfüllt seien und sie die Autonomie der Kantone hätten tangieren können.

Ebenfalls abgelehnt hat der Ständerat eine Motion (20.4268) der UREK-N, die eine Positivplanung für Anlagen von nationalem Interesse zur Nutzung von erneuerbaren Energien verlangt. Der Nationalrat hat den Vorstoss im Juni 2021 angenommen und erhoffte sich damit eine Beschleunigung der Verfahren. Das Anliegen sei teilweise bereits aufgenommen, hiess es nun im Ständerat – so im sogenannten Mantelerlass (siehe dazu unser «Im Fokus»-Artikel «Klimaschutz versus Naturschutz» vom 3.10.2022).

Ebenfalls erfüllt sind die beiden Motionen, die Fotovoltaik-Anlagen unter anderem auf Lärmschutzwänden oder Dachflächen (22.3386) beziehungsweise entlang von Autobahnen (22.3387) fordern (beide von UREK-N). Bis 2030 müssen alle geeigneten Infrastrukturoberflächen des Bundes mit Fotovoltaik ausgerüstet sein. Der Bund ist zurzeit daran, die entsprechende Verordnung vorzubereiten. Bereits seit Anfang Oktober in Kraft ist die angepasste Nationalstrassenverordnung (NSV), damit der Bund die Flächen entlang der Autobahnen kostenlos für die Produktion von erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen kann.

Abgeschrieben, da nicht innerhalb zweier Jahre behandelt, wurde eine Motion (20.4700) von Peter Schilliger (FDP/LU). Sie verlangte, dass behördenverbindliche Planungsinstrumente wie Sachpläne zwingend eine Vernehmlassung brauchen. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab, da die aktuellen Anhörungs- und Mitwirkungsverfahren für Sachplanvorlagen auf die planerische Koordination zugeschnitten seien.

Wechseln wir zu zwei hängigen Volksinitiativen:

  • Zur Gletscher-Initiative (21.055) empfiehlt der Ständerat vorsorglich ein Nein – dies für den Fall, dass doch noch über die bedingt zurückgezogene Volksinitiative abgestimmt würde. Das Parlament hat in der Herbstsession 2022 einen indirekten Gegenentwurf (21.501) angenommen, den die SVP mit einem Referendum bekämpfen will.
  • Der Ständerat beschloss eine Fristverlängerung, um die Biodiversitätsinitiative und ihren indirekten Gegenvorschlag (22.025) vertieft beraten zu können. In der Herbstsession hat sich der Nationalrat für Letzteren beziehungsweise für die entsprechende Revision des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) ausgesprochen.

Stichwort Biodiversität: Kathrin Bertschy (GLP/BE) wollte in einer Interpellation (20.4665) wissen, was der Bundesrat gegen biodiversitätsschädigende Subventionen in der Landwirtschaft unternimmt (siehe Studie von WSL und SCNAT). Die Interpellation wurde abgeschrieben, da nicht innerhalb zweier Jahre behandelt. In seiner Antwort (von Anfang 2021) kündigte der Bundesrat aber an, dass im Rahmen des Aktionsplans zur Strategie Biodiversität Schweiz die Wirkung von Bundessubventionen vertieft evaluiert und entsprechende Reformvorschläge entwickelt würden. Die Ergebnisse sollten 2023 vorliegen. Im Juni 2022 hat der Bundesrat die Verwaltung zudem damit beauftragt, die Wirkung von acht Instrumenten in der Landwirtschaft, der Waldbewirtschaftung und der Regionalpolitik auf die Biodiversität vertieft zu untersuchen.

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