Bodenqualität soll besser berücksichtigt werden

Dienstag, 08.05.2018
Jede Sekunde verschwindet in der Schweiz rund ein Quadratmeter Kulturland. Wird dieser Boden überbaut, gehen damit auch seine zahlreichen Funktionen verloren, etwa die Bodenfruchtbarkeit, seine Fähigkeit Kohlenstoff zu speichern oder Wasser zurückzuhalten und zu filtrieren. Künftig soll die Qualität des Bodens bei raumplanerischen Entscheiden eine grössere Rolle spielen. Das Nationale Forschungsprogramm «Nachhaltige Nutzung der Ressource Boden» NFP 68 macht Vorschläge, wie sich die Raumplanung so gestalten lässt, dass der Verlust an wertvollen Böden möglichst klein bleibt.

Zwischen 1985 und 2009 sind 85’000 Hektaren beziehungsweise fünf Prozent des Kulturlands verloren gegangen, vorwiegend im Mittelland und in den Talgebieten. Neuste Auswertungen der Arealstatistik deuten darauf hin, dass sich die Verluste in leicht reduziertem Tempo auch in den letzten Jahren fortgesetzt haben. Mit der Revision des Raumplanungsgesetzes RPG hat sich die Situation in Bezug auf Neueinzonungen zwar entschärft. Der Bodenverbrauch bei Infrastrukturvorhaben und beim Bauen ausserhalb der Bauzone bleibt jedoch hoch. Verloren gehen damit auch die zahlreichen Funktionen des Bodens, etwa die Bodenfruchtbarkeit oder die Wasserfiltrierung.

Kulturland ist mehr als die Fruchtfolgeflächen

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Nachhaltige Nutzung der Ressource Boden» NFP 68 beschäftigten sich Praktiker und Wissenschaftler mit der Bodenqualität. Das NFP 68 erarbeitete Grundlagen für eine nachhaltige Nutzung des Bodens in der Schweiz. Dafür müssen sowohl die ökologischen als auch die ökonomischen Leistungen des Bodens berücksichtigt werden. Nun werden die Ergebnisse präsentiert.

Eine zentrale Rolle spielt die Raumplanung. Das RPG fordert zwar eine haushälterische Bodennutzung, doch ist das Kulturland durch die bestehende Gesetzgebung unzureichend geschützt. Eine Ausnahme bilden die Fruchtfolgeflächen, die rund einen Drittel aller landwirtschaftlichen Flächen ausmachen. Die restlichen zwei Drittel des Kulturlands werden in der Interessenabwägung hingegen kaum berücksichtigt. Zudem ist für das Ausscheiden von Fruchtfolgeflächen einzig die landwirtschaftliche Produktivität massgebend, andere Funktionen des Bodens wie seine Filterfunktion oder der Boden als Lebensraum bleiben unberücksichtigt. Eine nachhaltige Raumplanung sollte aber genau diese Aspekte in die Interessenabwägung einbeziehen.

Neues Instrument «Bodenindexpunkte» vorgeschlagen

Die VLP-ASPAN hat bei der thematischen Synthese 3 des NFP 68 mitgewirkt. Darin wird «eine Bodenagenda für die Raumplanung» formuliert. Die Autorin und die Autoren sind sich einig, dass es geeignete Instrumente braucht, um die Bodenqualität zweckmässig in Planungsentscheide einzubeziehen. Ein solches Instrument könnten Bodenindexpunkte darstellen. Diese liefern Informationen zur Frage, wo Bauen oder Umzonungen mit den geringsten Auswirkungen auf die Bodenqualität verbunden ist. «Ein solches System kann eingesetzt werden, um die Bodenqualität langfristig zu erhalten», so Mitautorin Adrienne Grêt-Regamey von der ETH Zürich gemäss Medienmitteilung des SNF. «Auf Kantonsebene könnte ein Grenzwert festgelegt werden, der den maximal tolerierbaren Verbrauch an Bodenindexpunkten darstellt. Im Sinne eines Kontingents würden diese ermöglichen, den Verbrauch an Bodenqualität zu lenken.» Erfahrungen in Stuttgart haben gezeigt, dass sich mit solchen Instrumenten der Verlust an Bodenqualität gezielt vermindern lässt.

Es bleibt nicht viel Zeit, um effektive Massnahmen in Richtung einer nachhaltigen Bodenpolitik zu ergreifen. «Die Zeit drängt», betont Adrienne Grêt-Regamey, «unsere Analysen zeigen, dass der zeitliche Spielraum für den Schutz der heutigen Bodenqualität enorm eng ist.» Es gelte zügig die Grundlagen weiterzuentwickeln. Die anstehende zweite Revision des Raumplanungsgesetzes könnte eine Chance bieten, die Bodenqualität in der Gesetzgebung besser zu verankern.

Die fünf thematischen Synthesen sowie weitere Informationen zum NFP 68 finden sie hier.

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