Sind Änderungen an einem Einfamilienhaus möglich, nachdem dieses von der Bauzone in die Landwirtschaftszone zurückgezont wurde?

Unsere Gemeinde muss ihre Bauzonen verkleinern. Vorgesehen ist unter anderem, ein Grundstück mit einem bestehenden Einfamilienhaus von der Bauzone in die Landwirtschaftszone umzuzonen. Ist es den Eigentümern möglich, nach der Umzonung Änderungen an ihrem Haus vorzunehmen?

In der Rubrik «Sie fragen – wir antworten» beantworten Juristinnen und Juristen von EspaceSuisse Fragen aus der Schweizer Rechtspraxis in der Raumplanung. Die Antwort auf obige Frage lautet:

Die Landwirtschaftszone gehört zum Nichtbaugebiet. In der Landwirtschaftszone sind grundsätzlich nur Bauten und Anlagen zulässig, die der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder dem produzierenden Gartenbau dienen (Art. 16a Abs. 1 RPG). Werden Grundstücke mit Gebäuden wie Wohnhäusern von der Bauzone in die Landwirtschaftszone umgezont, sind die Bauten dort zonenfremd (Art. 24c Abs. 1 RPG).

Nach der Umzonung ist das Einfamilienhaus eine rechtmässig bestehende, nicht zonenkonforme Baute ausserhalb der Bauzone. Es kann gemäss Artikel 24c Absatz 2 RPG erneuert, teilweise geändert, massvoll erweitert oder wiederaufgebaut werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer «erweiterten», über die Bestandesgarantie der Bundesverfassung (Art. 26 BV) hinausgehenden Besitzstandsgarantie. Es ist demnach grundsätzlich möglich, das Wohnhaus nach der Umzonung in die Landwirtschaftszone mit einer Ausnahmebewilligung abzubrechen und durch einen Neubau zu ersetzen. Wichtig ist aber, dass die Identität der Baute einschliesslich ihrer Umgebung bei einem Ersatzneubau in den wesentlichen Zügen gewahrt wird (Art. 42 Abs. 1 RPV).

Ob dies der Fall ist, ergibt sich nicht nur aufgrund der in Artikel 42 Absatz 3 RPV festgelegten Begrenzungen. Diese erlauben bezüglich der anrechenbaren Bruttogeschossfläche und der Gesamtfläche maximal eine Erweiterung von bis zu 30 Prozent oder 100 Quadratmetern. Es muss eine Gesamtbeurteilung erfolgen, bei der das äussere Erscheinungsbild, die Nutzungsart (Erst­ oder Zweitwohnung) und das Nutzungsmass, die Anzahl Wohneinheiten, die Erschliessung, die wirtschaftliche Zweckbestimmung und die Auswirkungen auf Raum und Umwelt einbezogen werden. Für die äussere Erscheinung ist eine kritische Auseinandersetzung mit den örtlichen Traditionen und Gegebenheiten gefragt. Der Neubau muss sich in Bezug auf den Baustil, die Ausrichtung, die Material­ und Farbwahl sowie die Aussenraumgestaltung an der bisherigen Bauweise, der Topografie und Landschaft orientieren. Auf Letztere wirkt sich insbesondere die Umgebungsgestaltung aus: Bepflanzungen, Sitzplätze, Grillstellen oder Einzäunungen sind zu berücksichtigen, wenn die Wahrung der Identität geprüft wird.

Bauliche Veränderungen am äusseren Erscheinungsbild des bestehenden Einfamilienhauses dürfen zudem nur vorgenommen werden, wenn mindestens eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:

Die Veränderungen müssen

  • für eine zeitgemässe Wohnnutzung oder
  • eine energetische Sanierung nötig oder
  • darauf ausgerichtet sein, die Einpassung in die Landschaft zu verbessern (Art. 24c Abs. 4 RPG).

Ist das Einfamilienhaus beispielsweise schlecht isoliert und weist niedrige Räume von knapp zwei Metern Höhe auf, ist ein Ersatzneubau möglich. Ob zudem auch noch eine Erweiterung der Fläche zugelassen werden kann, ist aber sorgfältig zu prü­fen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Einfamilienhaus nach der Rückzonung durch einen Neubau ersetzt werden kann sowie bauliche Veränderungen möglich sind, wenn die strengen Voraussetzungen in diesem Fall erfüllt sind.

Quelle: Inforaum 1/2021

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