Hat eine Öko-Krippe Platz im Wald?

Wir wurden von der Leiterin einer Krippe kontaktiert, die mit den Kindern regelmässig Zeit im Wald verbringen möchte. Ihr Projekt umfasst ein Waldsofa aus Ästen, einen dauerhaft am Waldrand parkierten Wohnwagen für den Mittagsschlaf der Kinder sowie Trockentoiletten. Welche Bestimmungen sind zu beachten und welche Behörde ist für die Bewilligung zuständig?

In der Rubrik «Sie fragen – wir antworten» beantworten Juristinnen und Juristen von EspaceSuisse Fragen aus der Schweizer Rechtspraxis in der Raumplanung. Die Antwort auf obige Frage lautet:

In der Schweiz geniesst der Wald einen sehr hohen Schutz. Die Waldfläche zählt wie die Landwirtschaftszone zum Nichtbaugebiet. Das eidgenössische Waldgesetz (WaG) legt fest, welche Bauten und Anlagen dort errichtet werden dürfen. Für Projekte ohne sogenannten forstwirtschaftlichen Zweck ist in den meisten Fällen – neben dem Einverständnis der Grundeigentümerin – sowohl eine Ausnahmebewilligung nach Artikel 24 RPG als auch eine Rodungsbewilligung nach Waldgesetz erforderlich. Diese beiden Verfahren müssen auf kantonaler Ebene koordiniert werden (Art. 25a RPG).

Im vorliegenden Fall dienen die geplanten Einrichtungen keinem forstwirtschaftlichen Zweck und bedürfen daher aus raumplanerischer Sicht grundsätzlich einer Ausnahmebewilligung nach Artikel 24 RPG. Es ist denkbar, dass für gewisse bewegliche Einrichtungen (Waldsofa aus Ästen, einfache Feuerstelle aus Steinen) keine Baubewilligung, sondern nur die Zustimmung der Forstbehörde notwendig ist. Umfangreichere Einrichtungen (hier Trockentoiletten und Wohnwagen) müssen aber die Anforderungen von Artikel 24 RPG erfüllen. Die zuständige Behörde klärt dazu ab, ob das Vorhaben standortgebunden ist und ob ihm keine überwiegenden Interessen entgegenstehen. Dabei prüfen die Kantone insbesondere die Bedeutung des Waldes als Erholungsraum, die Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr (keine wesentliche Zunahme des motorisierten Individualverkehrs) oder auch eine allfällige besondere Schutzbedürftigkeit des Waldes (hohe Naturwerte).

Aus Sicht der Waldgesetzgebung stellt jede dauerhafte oder vorübergehende Änderung der Nutzung des Waldbodens eine bewilligungspflichtige Rodung dar, und zwar auch dann, wenn keine Bäume gefällt werden. Das Gesetz sieht aber auch vor, dass bestimmte Nutzungen aufgrund ihres geringen Ausmasses nicht als Rodung gelten, obwohl sie die Funktionen oder die Bewirtschaftung des Waldes gefährden oder beeinträchtigen. Gemeint sind hier die sogenannten «nachteiligen Nutzungen» (Art. 16 WaG), zu denen beispielsweise Rastplätze, Sport-Parcours oder auch Lehrpfade zählen. Solche Einrichtungen können unter Bedingungen und Auflagen ausnahmsweise bewilligt werden, wenn wichtige Gründe vorliegen. Grundsätzlich ist nicht ausgeschlossen, dass die für die Waldkrippe geplanten Einrichtungen in diese Kategorie fallen könnten. Ihre Auswirkungen auf die Waldumgebung müssen aber dennoch genau ermittelt werden, wobei die konkreten Gegebenheiten (Grösse des Projekts, Anzahl der betreuten Kinder usw.) zu berücksichtigen sind. Dafür ist die Forstbehörde zuständig.

Quelle: Inforaum 1/2024

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