Das revidierte Raumplanungsgesetz (RPG 1) sorgt seit fast zehn Jahren für viel Gesprächsstoff: Bauland und Wohnraum würden verknappt, Wachstum würde gebremst und Vermögen vernichtet, heisst es immer wieder. Das damalige Ja des Stimmvolks aber war deutlich und der Auftrag an die Raumplanung klar: Zersiedlung vermeiden und Landschaft schützen. Gerade angesichts von Klimawandel und Biodiversitätskrise wird der sparsame Umgang mit dem Boden zudem noch bedeutsamer, was den damals eingeleitete Paradigmenwechsel bestätigt. Qualitätsvolle Innenentwicklung ist das Gebot der Stunde. Was das heisst, muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Es gibt kein Patentrezept.
Unterschiedliche Ausgangslage in ländlichen Gemeinden
Der ländliche Raum ist heterogen. In attraktiven ländlichen Wohngemeinden sind weniger die Rückzonungen Thema, sondern vielmehr die Frage, wie Leerstände aktiviert, Baulücken gefüllt und die Siedlungsqualität erhöht werden können. Einzonungen sind aufgrund der erhöhten Anforderungen des Raumplanungsgesetzes praktisch ausgeschlossen. Im Gegensatz dazu steht in peripher gelegenen ländlichen Gemeinden oftmals die zu grossen Bauzonenreserven im Mittelpunkt der Diskussion. Die drohenden Rückzonungen lösen bei den Eigentümerinnen und Eigentümern verständlicherweise eine grosse Betroffenheit aus. Dies kann schnell einmal in einen Kampf um Quadratmeter ausarten. Aber gerade in diesem Fall ist es besonders wichtig, das Bewusstsein für eine qualitätsvolle Raumentwicklung zu schaffen und deren Vorteil aufzuzeigen. Ansonsten droht eine Raumplanung mit dem Rechenschieber. Raumplanung ist aber nicht Mathematik, sondern die Gestaltung nachhaltiger und lebenswerter Dörfer und Städte.
Genau dafür stellt das RPG neue Instrumente zur Verfügung, die – richtig eingesetzt – den Gemeinden Chancen bieten, die Qualität ihrer Siedlungen zu erhöhen, wie etwa der Mehrwertausgleich oder die Möglichkeit, gehortetes Bauland zu mobilisieren.
Von guten Beispielen lernen
Innenentwicklung funktioniert. Dafür gibt es viele gute Beispiele. Über achtzig davon hat EspaceSuisse, der Schweizer Verband für Raumplanung, in den letzten Jahren aufbereitet und auf der Webseite densipedia.ch zur Verfügung gestellt. Die Plattform wird laufend erweitert. EspaceSuisse unterstützt Gemeinden aber auch beim Einleiten von Prozessen zur Siedlungsentwicklung und zur Umsetzung der ohne Zweifel anspruchsvollen Umsetzung. Die Beratungsangebote reichen dabei von einem Erstgespräch, als gemeinsamer Austausch zur Ortsentwicklung, über die Beratung vor Ort bis hin zu einem Dorfgespräch, das einen Dialog zwischen den Gemeindebehörden und der Bevölkerung über die Zukunft ihres Dorfes bietet.
Aktive Gemeinden gewinnen
Aus der Beratungstätigkeit von EspaceSuisse zeigt sich, dass sich die Gemeinden aktuell mit verschiedenen Fragen beschäftigen: Welche Potenziale und Chancen gibt es in unserem Dorf? Wie und wo soll sich unser Dorf weiterentwickeln? Wie und womit können wir unser Zentrum stärken? Wie können wir die bestehenden Einfamilienhausquartiere aufwerten? Wie lässt sich gehortetes Bauland mobilisieren? Wie gehen wir mit dem Verkehr um?
Was sich bei den mittlerweile über siebzig Beratungen, aber auch bei der Analyse der guten Beispiele zudem bestätigt: Gemeinden, die ihre (Raum-)Entwicklung frühzeitig und aktiv angehen, bieten sich nicht nur Chancen, sondern vor allem auch die notwendigen Handlungsspielräume für eine lebendige und zukunftsfähige Entwicklung. Gemeinden, die zuwarten, schränken hingegen ihren Gestaltungsspielraum massiv ein, zumal die Zersiedlung weiter voranschreitet, verbunden mit den entsprechenden Kosten für Infrastruktur und deren Unterhalt.
Planungskosten zahlen sich aus
Am besten fahren Gemeinden, die ihre Ortsplanrevision auf fundierte Grundlagen und eine klare räumliche Strategie stützen und diese mit einer aktiven Boden- und Wohnpolitik umsetzen. Damit dies möglich ist, braucht es viel Sensibilisierungs- und Überzeugungsarbeit sowie fachliche Begleitung durch kompetente Planerinnen und Planer, die interdisziplinär unterwegs sind. Gewiss, gute Planung kostet. Gute Planung ist aber eine Investition in die künftige Lebensqualität einer Gemeinde und zahlt sich aus. Die Folgekosten von fehlender oder schlechter Planung sind oft ein Vielfaches höher. Die RPG-Revision war richtig und wichtig. Sie trägt wesentlich zu einer zukunftsfähigen und klimafreundlichen Raumentwicklung bei. Sie bietet zudem eine gute Grundlage für die Gemeinden, auch im ländlichen Raum – immer vorausgesetzt, diese der RPG-Revision. sind willens, ihre räumliche Entwicklung nachhaltig zu gestalten.
Dieser Artikel erschien auch in der Oktober-Ausgabe von «Montagna», der Zeitschrift der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB).
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