Minergie-Areal – ein Instrument für eine zukunftsfähige Raumplanung

Stefanie Steiner, Projektleiterin International und Areal Verein Minergie
Montag, 06.05.2024
Seit September 2023 bietet das neue Label Minergie-Areal den Gemeinden und Städten ein Instrument, ihre Klimaziele in der Praxis umzusetzen. Mit klaren Vorgaben zu Effizienz, Klimaschutz, Klimaanpassung sowie nachhaltiger Mobilität erleichtert es den Gemeinden und Städten, diese komplexen Anforderungen in der Raumplanung zu verankern. Eine Planungshilfe unterstützt die Behörden bei der Integration des Labels in die Nutzungsplanung mit konkreten Musterbestimmungen.
Wohnüberbauung Fischermätteli in Burgdorf, im Zertifizierungsprozess nach Minergie-Areal. Foto: Strüby Konzept AG

Immer mehr Städte und Gemeinden setzen sich ambitionierte Klimaschutzziele und verankern diese gesetzlich. So beispielsweise die Städte Basel und Zürich mit einem Klimaziel Netto-Null bis 2037 respektive 2040. Die Raumplanung spielt dabei eine wichtige Rolle, da sie relevante Weichen insbesondere für die Verkehrsentwicklung, die Treibhausgasemissionen des Gebäudeparks und die Anpassung an den Klimawandel stellt.

Allerdings ist es in der Raumplanung nicht ganz einfach, die verschiedenen Ansprüche zu vereinen und trotzdem die richtigen Schwerpunkte festzulegen. Und genau hier setzt das Minergie-Areal an. Das Label reduziert die Komplexität und konzentriert sich auf die wesentlichen Kriterien mit grosser Wirkung auf den Klimaschutz, immer unter Berücksichtigung weiterer wichtiger Faktoren der Nachhaltigkeit. Städte und Gemeinden erhalten damit ein Werkzeug, welches vorkonfektionierte Lösungen bietet, die einfacher handhabbar sind als Einzelfalllösungen.

Was ist das Minergie-Areal?

Seit September 2023 steht mit dem Minergie-Areal ein Schweizer Areallabel zur Verfügung, welches hohe Anforderungen an eine klimafreundliche Bebauung von Arealen stellt. So wird eine maximale Ressourceneffizienz in Erstellung und Betrieb mit Massnahmen zur Klimaanpassung im und um die Gebäude herum kombiniert; es werden auch Anreize zu einer klimafreundlichen Mobilität geschaffen. Das Minergie-Areal arbeitet mit einem übersichtlichen Katalog an Anforderungen: 17 Pflichtvorgaben müssen zwingend erfüllt werden, beispielsweise die Zertifizierung von Neubauten nach Minergie und energetische Vorgaben für die Erneuerung von Bestandesbauten. 

Zusätzlich zu den Pflichtvorgaben sind mindestens drei aus einem Set von 17 Wahlvorgaben auszuwählen und umzusetzen. Dazu gehören innovative Technologien und auch Massnahmen, die nicht in allen Arealen umgesetzt werden können, beispielsweise eine hohe Nutzungsdichte. Alle Vorgaben auf einen Blick finden sie hier. Auch in der Umsetzungshilfe für die Raumplanung sind die Vorgaben auf den Seiten 7 bis 8 kurz beschrieben.

Die nachfolgende Grafik zeigt die Themenbereiche des Labels:

Das Label Minergie-Areal reduziert die Komplexität und konzentriert sich auf die wesentlichen Kriterien mit grosser Wirkung auf den Klimaschutz. (Grafik: minergie.ch)

(A) Einzelgebäude: Im Minergie-Areal sind Regeln für Neubauten und die energetische Transformation der Bestandesbauten gesetzt. Im Betrieb dürfen die Gebäude keine Treibhausgasemissionen verursachen. Auch im zukünftig heisseren Klima wird ein hoher Komfort im Innenraum gewährleistet.

(B) Areal-Management: Aber natürlich geht ein Areal über die Grenzen der einzelnen Gebäude hinaus. Es sind Vorgaben an die Organisation im Areal und die Überprüfung der Energieverbräuche im Betrieb sowie der Betriebsoptimierung festgelegt.

(C) Energie und Treibhausgase: Im Zusammenhang mit Netto-Null sind die Treibhausgasemissionen aus der Erstellung der Gebäude ganz wesentlich. Ein Areal-Grenzwert sorgt dafür, dass diese Emissionen im Minergie-Areal nach dem heutigen Stand der Technik auf dem tiefst möglichen Niveau gehalten werden.

(D) Komfort und Klimaanpassung: In der Entwicklung von Arealen ist auch die Qualität der Umgebung von grosser Bedeutung. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel ist insbesondere mit häufigeren Extremereignissen zu rechnen (Hitzetage, Starkregen und Trockenperioden). Deshalb ist wichtig, dass die Umgebung einerseits auf diese Extremereignisse vorbereitet ist, anderseits den Nutzenden auch an Hitzetagen eine grosse Aufenthaltsqualität bietet. Im Minergie-Areal wird dies gewährleistet durch hohe Anforderungen an die Versickerung und Retention von Regenwasser und die Begrünung / Beschattung des Aussenraums.

(E) Mobilität: Der Verkehr ist in der Schweiz für rund einen Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das Minergie-Areal setzt hier mit der Förderung des Velo- und Fussverkehrs, der Elektromobilität sowie dem Sharing von Fahrzeugen an. Areale-Entwickler oder Gemeinden können einen zusätzlichen Beitrag leisten, indem Wahlvorgaben in diesem Bereich umgesetzt, respektive von der Gemeinde gefordert werden. Dazu gehört beispielsweise das Schaffen von Angeboten wie Kitas, Lebensmittelläden oder Co-Working-Spaces oder ein minimales Angebot von Personenwagen-Abstellplätzen.

Umsetzung in der Raumplanung

Derzeit sind die Anforderungen an den Klimaschutz in den Nutzungsplänen und deren Reglementen oftmals nicht besonders hoch. Abweichungen vom Nutzungsplan sind nur in Ausnahmefällen möglich. Verschiedene Kantone kennen jedoch die Möglichkeit, über eine Sondernutzungsplanpflicht ambitioniertere Anforderungen zu stellen. Mehrere Kantone kennen darüber hinaus die Möglichkeiten, Anreize für nachhaltige Bebauungen zu setzen. Diese Anreize können dann von den Gemeinden im Rahmen ihrer Planung aufgegriffen werden. 

Der Verein Minergie hat in Zusammenarbeit mit dem Planungsbüro Suter Von Känel Wild eine Umsetzungshilfe für die Raumplanung erarbeitet, welche die Baubehörden darin unterstützt, das Minergie-Areal in der Nutzungsplanung umzusetzen. Die Planungshilfe zeigt auf, welches die geeigneten Planungsinstrumente sind und wie das Minergie-Areal verankert werden kann. So ist es beispielsweise möglich, generelle oder detaillierte Anforderungen an ein Minergie-Areal zu definieren. Mit einer generellen Regelung wird das Minergie-Areal als Gesamtes gefordert, mit einer detaillierten Regelung können einzelne Anforderungen ausgewählt werden. In der Planungshilfe werden die Varianten mit Musterbestimmungen aufgeführt und die verschiedenen Ansätze mit ihren Vor- und Nachteilen erläutert.

Interessante Links

Kontakt: Stefanie Steiner, Projektleiterin International und Areal
stefanie.steiner@minergie.ch, 061 205 25 46

Minergie-Areal - Minergie

Umsetzungshilfe Minergie Raumplanung, Version 2023.1 (PDF)

Raumplanungsverordnung

Stellungnahme von EspaceSuisse