Was tun, wenn Gartenanlagen in die Landwirtschaftszone hineinwachsen?

In unserer Gemeinde stellen wir vermehrt fest, dass die Bauzone in das Nichtbaugebiet ausfranst. Meist beginnt es mit einer harmlosen Nutzung des Gartens, die aber bald einmal Zäune, Grillplätze oder gar Gartenhäuschen nach sich zieht. Wie sollen wir damit umgehen?

In der Rubrik «Sie fragen – wir antworten» beantworten Juristinnen und Juristen von EspaceSuisse Fragen aus der Schweizer Rechtspraxis in der Raumplanung. Die Antwort auf obige Frage lautet:

Der verfassungsmässige Trennungsgrundsatz verpflichtet, das Bau- vom Nichtbaugebiet zu trennen. In der Landwirtschaftszone sind Bauten und Anlagen zulässig, die einem landwirtschaftlichen Zweck dienen, einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordern oder in ihrem Bestand geschützt sind. Nutzungen, wie zum Beispiel ein Gartenhäuschen, die in eine Bauzone gehören, sind im Nichtbaugebiet unzulässig.

In Ihrer Gemeinde sind zwei Fälle erkennbar, die zu einem Ausfransen der Bauzonen führen: Im ersten Fall entspricht die Zonen- nicht der Parzellengrenze. Das heisst, die Gebäudestehen in der Bauzone, der Umschwung jedoch befindet sich ganz oder teilweise in der Landwirtschaftszone. Im zweiten Fall sind die Grenzen identisch, die Gartennutzung breitet sich dennoch – aufgrund entsprechender Eigentumsverhältnisse oder «Vereinbarungen unter Nachbarn» etc. – in die Landwirtschaftszone aus.

In beiden Fällen muss die dafür zuständige Baupolizei-behörde aktiv werden. Sie hat zu prüfen, ob die festgestellte Nutzung beziehungsweise die Gartengestaltungen eine Baubewilligung benötigen und – unter Beizug der kantonalen Fachbehörde – ob sie nachträglich genehmigt werden können. Da es sich dabei um Nutzungen handelt, die typischerweise in eine Bauzone gehören, kann in der Landwirtschaftszone kaum eine nachträgliche Bewilligung erteilt werden. Die Baupolizeimuss deshalb den Rückbau anordnen. Das Bundesgericht hat seine strenge Haltung zu Gartengestaltungen ausserhalb der Bauzonen mehrmals festgehalten (siehe Kasten unten). Allen Urteilen ist gemeinsam, dass sie eine schleichende Ausdehnung der Bauzonen ins Nichtbaugebiet verhindern wollen.

In Fällen, in denen die Bauzonen- und Parzellengrenzen nicht miteinander übereinstimmen, können Sie im Rahmen einer nächsten Zonenplanrevision oder im Rahmen der Digitalisierung der Zonenpläne allenfalls eine situative Anpassung des Bauzonenverlaufs prüfen – wobei die strengen bundesrechtlichen Vorgaben für Neueinzonungen zu beachten sind (Stichwort RPG 1). Generelle Bauzonenerweiterungen, um unrechtmässige Gartennutzungen zu legalisieren, sind klar keine Lösung: So erachten die Bundesrichter eine am Siedlungsrandgeplante «Gartenzone» als rechtswidrig.

Wir empfehlen aufgrund des meist schwierigen Umgangsmit ausfransenden Gartennutzungen, bei der Bewilligung neuer Bauten nahe der Zonengrenze stets zu prüfen, ob und in welchem Umfang zugleich angrenzendes Landwirtschaftsland mitbeansprucht wird.

Quelle: Inforaum 1/2023

Urteile im Wortlaut

Urteil 1C_404/2009 vom 12.5.2010 (Herznach AG) in Urteilssammlung (US) EspaceSuisse Nr. 3985

Urteil 1C_533/2015 vom 6.1.2016 (Künten AG), in US EspaceSuisse Nr. 5021

Urteil 1C_168/2020 vom 27.11.2020 (Wiesendangen ZH) in US EspaceSuisse Nr. 6038

Urteil 1C_79/2022 vom 30.9.2022 (Meisterschwanden AG) in US EspaceSuisse Nr. 6384

Urteil 1C_443/2018 vom 3.7.2019 (Wollerau SZ) in US EspaceSuisse Nr. 5689

BGE 145 I 156 (Wollerau SZ) in US EspaceSuisse Nr. 5575

 

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