Baubewilligung für Camper-Stellplätze auf Landwirtschaftsbetrieben?

In unserer Gemeinde häufen sich die Anfragen von Landwirten, die auf ihren Betrieben als touristisches Angebot Stellplätze für Campereinrichten möchten. Ist in jedem Fall eine Baubewilligung nötig?

In der Rubrik «Sie fragen – wir antworten» beantworten Juristinnen und Juristen von EspaceSuisse Fragen aus der Schweizer Rechtspraxis in der Raumplanung. Die Antwort auf obige Frage lautet:

Auf einem Bauernhof steht in aller Regel genügend Fläche zur Verfügung, um gelegentlich einen einfachen Stellplatz anzubieten. Heikel wird es, wenn regelmässig und über eine längere Zeitdauer hinweg Camper abgestellt und Flächen versiegelt werden, oder wenn dafür neue Infrastrukturen wie sanitäre Anlagen erforderlich werden. Ausserhalb der Bauzonen erachten wir deshalb ein Baubewilligungsverfahren als notwendig. Denn oftmals haben Abstellplätze erhebliche Auswirkungen, beispielsweise auf das Landschafsbild, oder sie verursachen zusätzlichen Verkehr und Lärm.

Erst in einem Baubewilligungsverfahren kann die zuständige Behörde diese Auswirkungen auf Raum und Umwelt aufgrund des erforderlichen Betriebskonzepts erfassen (mit Angaben zur Lage, Anzahl und Ausgestaltung der Abstellplätze sowie zum Betrieb, zur Ver- und Entsorgung der Abfälle und zum Arbeitsaufwand). Nebst raumplanerischen Gründen können auch der Gewässer- und der Brandschutz sowie Auflagen im Gastgewerbe eine Bewilligung erforderlich machen. Weiter ermöglicht das Baubewilligungsverfahren, dass sich auch Nachbarn zum Vorhaben äussern können.

Dank dem Betriebskonzept erhält die Baubewilligungsbehörde auch Kenntnis über das mit der Vermietung von Abstell-plätzen erwirtschaftete Einkommen: Sobald ein Entgelt für die Nutzung bezahlt wird, handelt es sich um eine gewerbliche und damit um eine in der Landwirtschafszone nicht zonenkonforme Tätigkeit.

Grundlage für eine Bewilligung dürfe in den meisten Fällen die Bestimmung des nichtlandwirtschaftlichen Nebenbetriebs ohne engen sachlichen Zusammenhang zum landwirtschaftlichen Gewerbe sein (Artikel 24b des Bundesgesetzes über die Raumplanung [RPG]). Einen Stellplatz zur Verfügung zu stellen, ist in der Regel kein agrotouristisches Angebot, weil der Stellplatz an sich nicht auf einen Landwirtschafsbetrieb angewiesen ist. Es fehlt deshalb am engen sachlichen Zusammenhangmit der Landwirtschaf. Es mag vielleicht Fälle geben, in denen das Betriebskonzept beispielsweise eine Mitarbeit auf dem Hof vorsieht. Dies würde allenfalls für einen engen sachlichen Zusammenhang zum landwirtschaftlichen Gewerbe sprechen. Eine entsprechende Bewilligung wäre jedoch zurückhaltend und nur auf den konkreten Einzelfall zu erteilen.

Ein zusätzlicher Hinweis: Die vorliegenden Ausführungen beziehen sich auf Abstellflächen für touristische Zwecke. Bei Spontanhalten von Fahrenden auf Landwirtschaftsbetrieben stellen sich weitere Fragen. Antworten dazu finden Sie im Ratgeber Spontanhalt der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende (siehe Kasten unten).

Die Beurteilung von Stellplätzen für Landwirtschaftsbetriebe innerhalb der Bauzonen richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben des Kantons und der betroffenen Gemeinde.

Quelle: Inforaum 1/2022

Weiterführende Informationen

Art. 24b Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) vom 22.6.1979, SR 700.

Stifung Zukunft für Schweizer Fahrende, Ratgeber Spontanhalt, Informationen und Empfehlungen zum spontanen Haltfahrender Jenischer, Sinti und Roma, Bern 2021.

JUD BARBARA/RÖTHLISBERGER SIMON, Halteplätze für Jenische, Sinti und Roma, in: EspaceSuisse, Raum & Umwelt1/2019. Kostenloser Download hier.

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