Wer ist zuständig für die raumplanerische Interessenabwägung?

Unsere Gemeinde möchte auf einem ehemaligen Fabrikgelände eine Wohnüberbauung realisieren. Unter den gegebenen Umständen ist eine Interessenabwägung notwendig. Das Projekt bietet die Chance für eine Entwicklung nach innen. Auf dem Areal stehen aber noch einige ursprüngliche Fabrikgebäude, die im Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) enthalten sind.

In der Rubrik «Sie fragen – wir antworten» beantworten Juristinnen und Juristen von EspaceSuisse Fragen aus der Schweizer Rechtspraxis in der Raumplanung. Die Antwort auf obige Frage lautet:

Die Interessenabwägung ist das zentrale Instrument der Raumplanung. Sie zeigt auf, wie die verschiedenen Interessen ermittelt, gewichtet und aufeinander abgestimmt werden. Wenn das ISOS betroffen ist, muss die Gemeinde die Interessenabwägung besonders sorgfältig und umfassend vornehmen. EspaceSuisse hat im Jahr 2018 die Arbeitshilfe «Ortsbildschutz und Verdichtung» herausgegeben, um Gemeinden mit einem Ortsbild von nationaler Bedeutung zu unterstützen.

Grundlagen für die Interessenabwägung bilden die Ziele und Grundsätze des Raumplanungsgesetzes (Art. 1 und 3 RPG) und Verfassungsgrundsätze sowie Ansprüche und Interessen aus weiteren Gesetzen. Die Planungsbehörden vermögen erfahrungsgemäss nur einen Teil der Interessen zu erkennen und in den Abwägungsprozess einzubringen. Die vom RPG vorgeschriebene Information und Mitwirkung der Bevölkerung bei Planungen – insbesondere bei Nutzungs- und Sondernutzungsplanungen – ist daher sehr wichtig. Sie helfen mit, die im Spiel stehenden Interessen umfassend zu ermitteln und zu bewerten.

Auf Stufe Gemeinde bereitet die mit der Ortsplanung betraute Behörde die Interessenabwägung vor. Gemeinden, die keine qualifizierten Raumplanungsämter haben, ziehen in der Praxis häufig externe Planungsbüros bei.

Die Gemeindeverwaltung leistet in diesen Fällen zusammen mit den Planungsbüros die Vorarbeit. Der eigentliche Entscheid über die Interessenabwägung liegt aber in jedem Fall beim dafür zuständigen Organ: In einigen Kantonen und Gemeinden ist dies die Exekutivbehörde. In anderen wird der Entscheid an der Gemeindeversammlung, durch eine Urnenabstimmung oder vom Gemeindeparlament gefällt.

Quelle: Inforaum 1/2020

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